Ein geschlossenes Schwimmbad, ein verweigertes Wahllokal und ein seltsamer Brief

Ein geschlossenes Schwimmbad, ein verweigertes Wahllokal und ein seltsamer Brief

Bemerkenswerte Zufälle kurz vor der Stadtratswahl

Wo Rauch ist, ist auch Feuer. Und wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Diese einfachen Weisheiten werden auch gern umgekehrt angewendet: Wenn kein Weg gefunden wurde, wird wohl auch der Wille dazu nicht besonders groß gewesen sein. Oder es gab doch einen Willen, aber vielleicht den, den Weg nicht zu gehen. Dazu einmal drei Beispiele:

Das geschlossene Schwimmbad

Wie sich zwischenzeitlich herumgesprochen haben dürfte, besteht die große Gefahr, dass unser Mihlaer Schwimmbad in diesem Jahr erst sehr spät oder überhaupt nicht öffnen wird. Die Auswirkungen sind gravierend, auch wenn nicht alle Details dazu sofort ins Auge springen: Das Schwimmbad ist für Mihla ein identitätsstiftendes Symbol. Es eint die Mihlaer, auch die, die nicht zu den regelmäßigen Badbesuchern gehören. Es wurde durch die Mihlaer in Eigeninitiative selbst errichtet und auch während der schweren Zeiten von Haushaltsperren und Finanznöten niemals angetastet. Es gab im Gemeinderat niemanden, der eine Schließung oder Einschränkung jemals auch nur in Erwägung gezogen hätte. Der Schwimmbadverein mit seinen vielen aktiven Mitglieder ist einer der tragenden Vereine des Mihlaer Vereinslebens. Seien wir uns bewusst: Die Schließung unseres Bades ist ein Angriff auf die Identität von Mihla!

Das verweigerte Wahllokal

Die kleinste Gemeinde, die unserer neuen Stadt beigetreten ist, ist Ebenshausen. Das hat die Bürger des kleinen Ortes viel Überwindung gekostet, denn sie gehen eine Ehe mit zwei sehr viel größeren Partnern ein und verlieren damit viele Möglichkeiten, ihre Entscheidungen selbst zu treffen. Überzeugt hat sie schließlich das Vertrauen in die neuen Partner, ihre Interessen auch in der größeren Einheit immer angemessen berücksichtigt zu sehen. Dies wurde in den Einigungsverträgen dann auch verbindlich festgelegt.

Jetzt stehen die Wahlen zum Stadtrat und für den Bürgermeister unserer Stadt an. Sie sind sehr wichtig, weil hier die Weichen für die gemeinsame Zukunft gestellt werden. Der neue Stadtrat und der neue Bürgermeister werden unserer Stadt ihr Gesicht geben und die Bürger bestimmen jetzt mit ihrer Wahl, wer diese Verantwortung wahrnehmen soll. Aber hierbei werden die Bürger von Ebenshausen leider in der zweiten Reihe stehen müssen. Ja, man kann es so sagen: Sie werden diskriminiert. Denn die Wahlen finden ausschließlich in Mihla und in Creuzburg statt und wer aus Ebenshausen wählen will, muss sich in die auswärtigen Wahllokale begeben. Obwohl es immer anders war, wird es in Ebenshausen kein Wahllokal mehr geben. Oder der Bürger wird zur Briefwahl gezwungen, ein Zwang, der rechtlich gar nicht zulässig ist. Eine Auswahl, die nur der Wähler selbst treffen darf. Es ist gut nachvollziehbar, dass der Ebenshäuser diese Diskriminierung sehr persönlich nimmt. Eine Protestnote mit 154 Unterschriften von 220 Wahlberechtigten wurde dem Landrat übersandt.

Der seltsame Brief

Vor einigen Tagen bekamen viele Bürger der Stadtteile Creuzburg, Ebenshausen und Mihla einen Brief mit einem sehr allgemein gehaltenen Hilfsangebot im Zusammenhang der der Corona-Pandemie. Keine einfache Postwurfsendung, sondern ein Brief, der an die älteren Bürger ganz persönlich gerichtet und adressiert war. Gedruckt auf dem Kopfbogen der Stadt „Amt Creuzburg“, war er unterzeichnet mit „Ihr Ronny Schwanz, Ortsteilbürgermeister Creuzburg“. Herr Schwanz täuschte damit den Bürgern von Mihla und Ebenshausen eine Zuständigkeit vor, die er nicht hat und erreichte große Verunsicherung bei vielen der ausschließlich älteren Bürger. Es entstand der Eindruck, der eigene, gewählte Ortsteilbürgermeister sei bereits nicht mehr im Amt und ihre Geschicke würden jetzt von Herrn Schwanz in Creuzburg gelenkt. Mehrere Bürger in Mihla wandten sich damit erbost an ihren Ortsteilbürgermeister Rainer Lämmerhirt.

Und was haben diese drei Sachen miteinander zu tun?

Alle drei Vorgänge fallen in eine Zeit, in welcher unsere neue Gemeinde, die Stadt „Amt Creuzburg“ gerade das Laufen lernt. Es gibt noch keinen gewählten Bürgermeister, die Geschäfte werden übergangsweise von der Beauftragten des Landratsamtes, Frau Carolin Lippold geführt. Die bisherigen Bürgermeister der Gemeinden sind zu Ortsteilbürgermeistern zurückgestuft und in ihren Befugnissen deutlich eingeschränkt. Ein Stadtrat mit vollen Befugnissen existiert zwar, kann aber nur tätig werden, wenn von Frau Lippold eine Sitzung anberaumt und eine entsprechende Tagesordnung vorbereitet wurde. Dazu kommen die Probleme der Corona-Pandemie, die durch die Lockerungen zwischenzeitlich zwar beherrschbar sind, die aber die Durchführung von Sitzungen und Wahlen deutlich aufwändiger machen.

Die Beauftragte Frau Lippold muss bei der Durchführung der täglichen Arbeit eng mit der Verwaltung und deren Leiterin Frau Hunstock zusammenarbeiten, da sie keine eigenen Mitarbeiter hat. Die Arbeit von Frau Hunstock und Frau Lippold findet in den Räumen in Creuzburg statt, die Ortsteile Mihla und Ebenshausen spielen keine Rolle.

Die einzige Tätigkeit, die sich gleichmäßig über die Ortsteile erstreckt, ist die Arbeit des Bauhofes. Aus den drei unabhängigen Bauhöfen von Creuzburg, Ebenshausen und Mihla wurde im Zuge des Zusammenschlusses ein einheitlicher Bauhof. Zum Leiter dieses Bauhofes wurde – einseitig durch Frau Lippold festgelegt und ohne Abstimmung mit den Ortsteilbürgermeistern – Ronny Schwanz bestimmt, der Ortsteilbürgermeister von Creuzburg. Damit wurde nach der amtierenden Bürgermeisterin Frau Lippold und der Verwaltungsleiterin Frau Hunstock mit dem Leiter aller Bauhöfe Herrn Schwanz noch ein dritter wesentlicher Einflussfaktor in Creuzburg konzentriert.

Diese Konzentration der Verwaltung muss nicht automatisch ein Problem darstellen. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Verwaltung ausgewogen im Sinne aller Ortsteile agiert und die berechtigten Interessen ausgewogen vertritt. Und hier kommen die drei beschriebenen Vorgänge wieder ins Spiel.

Das Mihlaer Schwimmbad muss geschlossen bleiben, weil die Stadt noch keinen Haushalt hat und freiwillige Aufgaben im Rahmen einer vorläufigen Haushaltsführung nicht durchgeführt werden dürfen. Das kann ja sein, scheint aber nur in unserer Verwaltung ein Problem darzustellen. Andere Städte im Wartburgkreis haben ihre Haushalte auch in Corona-Zeiten beschlossen und bereiten sich jetzt auf die Freibadsaison vor. Dabei geht es noch nicht einmal um viel Geld: Die Schwimmmeister haben Festanstellungen und viele Arbeiten würden mit Freiwilligen durchgeführt. Es geht nur um Strom für die Pumpen und um Chemie für das Wasser. Notfalls könnte dafür sogar der Schwimmbadverein freiwillig aufkommen, einen Weg hätte es ganz sicher gegeben.  Aber ganz offensichtlich hat es am entsprechenden Willen gefehlt: Den Beteiligten wurde jegliche Eigeninitiative von Frau Lippold ausdrücklich verboten!

Das Einsparen des Ebenshäuser Wahllokals wird mit Problemen der Corona-Pandemie begründet. Es gelte, die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten und die Gesundheit der Bürger zu schützen. Auch das kann sein, aber dann muss dies der letzte Ausweg sein, nachdem man trotz aller Versuchen keinen anderen Weg gefunden hat, das Recht des Bürgers auf gleichen Zugang zu den Wahlen zu ermöglichen. Diesen Weg aber hätte es gegeben, wenn Frau Lippold danach gesucht hätte: Ebenshausen verfügt über gute bauliche Voraussetzungen für eine gesetzeskonforme Wahl und die Besetzung des Wahllokals durch die durch Ebenshäuser Bürger selbst wäre auch kein Problem gewesen. Es wird wohl am fehlenden Willen gescheitert sein: Vom Versuch einer Klärung des Problem vor Ort ist in Ebenshausen nichts bekannt!

Der Brief des Ortsteilbürgermeisters von Creuzburg muss eine Menge Arbeit gemacht haben: Zunächst musste er von wem auch immer geschrieben werden. Dann wurden die Adressen herausgesucht, die Briefe gedruckt und schließlich zugestellt. Wie uns beim Schwimmbad von Frau Lippold mitgeteilt wurde, ist die Finanzierung freiwilliger Aufgaben im Moment aber doch verboten! Ist also diese Maßnahme ohne Kosten für die Stadt durchgeführt worden? Oder wurde doch ein Weg gefunden, auch in der gegenwärtigen Lage die finanziellen Mittel dafür aufzubringen? Das kann gut sein. Augenscheinlich hat man genug Willen aufgebracht, dieses Problem zu lösen. Und mit diesem Willen hat jemand sogar einen Weg gefunden, die Verwaltung in der jetzt angespannten Zeit mit dem Brief noch zusätzlich zu belasten und sensible Bürgerdaten an einen fremden Ortsteilbürgermeister herauszugeben. So etwas geht schon – Wenn man will!

Und warum?

Wir wissen es nicht. Es könnte Zufall sein. Arbeitsüberlastung, Missverständnisse, Corona. Vielleicht haben wir irgend etwas falsch verstanden. Aber wenn man sich so seine Gedanken macht, sollte man auch Folgendes nicht vergessen: Es ist Wahlkampf. Wer jetzt in den Stadtrat kommt und den Bürgermeister stellt, gibt die Karten. Für ein langes, entscheidendes Spiel.

Gehen wir kurz zurück in die Vergangenheit: Im Wartburgkreis ist traditionell die CDU die stärkste Kraft, sie stellt seit vielen Jahren den Landrat und einen Großteil der Abgeordneten im Kreistag. Ihre Basis ist im Kreis aber nicht gleichmäßig verteilt: Während sie im Südkreis immer ihre Machtbasis hatte, stellte sie im Nordkreis weniger, in der Gemeinde Mihla zeitweise gar keinen Abgeordneten. Die absehbare Rückkreisung der Stadt Eisenach verstärkte dieses Problem noch, die CDU musste gegen die weißen Flecken auf der Landkarte des Nordkreises etwas unternehmen. Sie tat es und sie war damit erfolgreich. Die einzelnen Aktivitäten der CDU sind uns nicht bekannt, die Folgen aber können wir sehen: Es gelang der Partei in Mihla, zwei Mitglieder aus der UWG Fraktion herauszubrechen und eine eigene Fraktion zu gründen. Zuletzt hatte die CDU-Fraktion im Gemeinderat Mihla drei Mitglieder.

Die eigentliche CDU-Politik im Nordkreis wird seit langer Zeit erfolgreich durch die Leiterin der Verwaltungsgemeinschaft Frau Hunstock betrieben. Sie hat es geschafft, über ihre Aufgabe als Verwaltungschefin hinaus eine starke parteipolitische Position aufzubauen und damit den Nordkreis im Sinne ihrer Partei mitzuprägen. Dabei wurde sie von der Kreis-CDU und der Kommunalaufsicht stark unterstützt, deutlich sichtbar während der von ihr durchgedrückten vorgezogenen Wahl ohne Ausschreibung mit einer sehr selbstbewussten Gehaltsforderung.

Eine lästige Grenze für die CDU stellte jedoch lange Zeit die Gemeinde Mihla dar. Der CDU-Fraktion, die mit zwei bis drei Gemeinderäten ihr Potenzial weitgehend ausgeschöpft hatte, stand eine UWG-Fraktion mit absoluter Mehrheit und dem angesehenen Bürgermeister Rainer Lämmerhirt gegenüber. Mit dem wirtschaftlichen Erfolg der Gemeinde Mihla stabilisierte sich diese Situation weiter und das machte es für die CDU nicht einfacher. Selbst im hart geführten Kommunalwahlkampf des Jahres 2019 konnte die UWG ihre hohen Stimmanteile im Gemeinderat verteidigen. Es könnte gut sein, dass diese starke Stellung der Gemeinde Mihla der Grund für Frau Hunstock war, ihre Vertreter in der VG-Versammlung zunehmend zu isolieren und das bereits beschlossene Ziel, aus der Verwaltungsgemeinschaft eine Einheitsgemeinde zu machen, zu hintertreiben.

Und jetzt haben sich unsere drei Kommunen zur Stadt „Amt Creuzburg“ zusammengeschlossen. Es handelt sich um ein bedeutendes wirtschaftliches und politisches Gebilde, mehr als die Hälfte der Einwohner der Verwaltungsgemeinschaft gehören der Stadt an. Wenn im Moment auch noch nicht ausgeübt, so hat die Stadt zu jeder Zeit das Recht, einen hauptamtlichen Bürgermeister zu stellen. Dieser könnte einen Gegenpol zur Macht der VG-Chefin darstellen und, wenn er in der falschen Partei ist, den Einfluss der CDU im Nordkreis wieder deutlich verringern.

Es geht also um Einiges für die CDU und sie hat großes Interesse, diese Bürgermeisterstelle zu besetzen. Für den Fall, dass sie damit nicht erfolgreich ist, muss sie versuchen, bereits vorher Weichen zu stellen und sich Positionen zu sichern. Dazu ist sie gerade in der jetzigen Übergangsphase bestens aufgestellt: Die Ortsteilbürgermeister haben kaum Rechte und werden nicht einmal mehr informiert, das Stadtparlament tagt kaum, wichtige Entscheidungen werden von Einzelpersonen getroffen. Von diesen Personen wurde keine von unseren Bürger gewählt: Carolin Lippold (CDU), eingesetzt vom Landrat Reinhard Krebs (CDU), Karola Hunstock (CDU), gewählt von der Versammlung der Verwaltungsgemeinschaft, in der die Vertreter von Amt Creuzburg nur eine Minderheit darstellen und Ronny Schwanz (CDU), als Bauhof-Chef eingesetzt von Frau Lippold.

Ob man nun solche Probleme wie das Mihlaer Schwimmbad oder das Ebenshäuser Wahllokal auf dem Tisch hat oder ob man mit einem Brief Wahlkampf gegen den Partner-Bürgermeister machen will: Wo ein Wille war, wurde natürlich auch der Weg gefunden. In den anderen Fällen musste man sich, leider, an die Regeln halten. Ein schöner Nebeneffekt im Wahlkampf: Die Mihlaer sind deprimiert, der Ortsteilbürgermeister kann sich kaum noch öffentlich artikulieren, vielleicht werden die Bürger die Bad-Schließung sogar ihm anlasten. Die Ebenshäusern wird das Wählen erschwert. Bei der starken Stellung der Wählergemeinschaft „Bürger für Ebenshausen“, die mit der UWG Mihla und den Freien Wählern Creuzburg auf einer gemeinsamen Liste zu den Wahlen antreten und den Bürgermeisterkandidaten Rainer Lämmerhirt unterstützen, ist es sicher nicht von Nachteil für die CDU, wenn die Ebenshäuser am Wahlsonntag zu Hause bleiben. Wenn sich Ronny Schwanz bei den Wählern in Mihla und Ebenshausen schon einmal als „Ihr Ortsteilbürgermeister“ vorstellt und dazu den Kopfbogen der Stadt verwendet, nimmt er seine erfolgreiche Kandidatur als Bürgermeisterkandidat schon einmal vorweg und untergräbt mit Hilfe seiner Parteifreunde in Creuzburg die Autorität seines Mihlaer Kollegen und Bürgermeister-Mitbewerbers.

Haben die Strategen der CDU tatsächlich so weit gedacht? Oder hat es sich nur einfach so ergeben? Vielleicht waren es alles ja wirklich nur Zufälle. Dann aber: Sehr bemerkenswerte Zufälle!

Wir wissen es nicht.